Mangel an Zuschauer – Fluch oder Segen in der Dressur

Hallenlandesmeisterschaft Dressur 2014 – Über die Gründe für den Mangel an Zuschauern im Rahmen der Dressur-Hallenlandesmeisterschaften lässt sich streiten. Ob dieser unter den Dressurreitern als Fluch oder Segen empfunden wird, darüber lässt sich diskutieren. Stellt sich nur die Frage, wer ist sensibler? Pferd oder Reiter?

Impressionen - Hallenlandesmeisterschaften Dressur 2014 - Sachsen-Anhalt in Prussendorf
Leere Tribünen – Fluch oder Segen im Dressursport

Am vergangenen Wochenende wurde in der Prof.-Werner-Wussow-Reithalle (Prussendorf) wieder das 1200m² große Dressurviereck abgesteckt, um den neuen Hallenlandesmeister zu ermitteln. In den Wertungen traten Ponyreiter, Junioren und die Reiter gegeneinander an und überzeugten mit ihren Leistungen. Leider passte sich der überschaubaren Starterzahl auch die Anzahl der externen Zuschauer an. Wo am Finalsonntag vor zwei Wochen, im Rahmen der Hallenlandesmeisterschaften im Springreiten, die Tribünen eine gewisse Füllung vorweisen konnten, war es während der Dressurprüfungen nahezu gähnend leer. Der Großteil der Zuschauer gehörte meist zum engen Familien- oder Freundeskreis und die Trainer und „TT’s“ durften natürlich auch nicht fehlen.
Ob diese Tatsache jedoch ein Fluch oder Segen sei, darüber lässt sich gerade im Dressursport gerne streiten. Zum einen läge es im Interesse der Sache, gerade diese filigrane und anmutig wirkende Disziplin dem breiten Publikum näher zu bringen. Andererseits genießt jedoch eine Vielzahl der Aktiven die nahezu mystisch erscheinende Ruhe während der Prüfung, in welcher man die Konzentration und Spannung förmlich spüren kann. Hier würden „ungelernte“ Zuschauer offensichtlich nur stören.
Wer ist aber empfänglicher für diese „Störungen“ am Viereckrand? Pferd oder Reiter? Aus der Sicht der Reiter, welche hier keinesfalls negativ dargestellt werden soll, ist es natürlich das Pferd, welches in der Konzentration gestört wird. Die Einflüsse von außerhalb bewirken demnach eine Vielzahl von Fehlern in Form von Taktstörungen und anderen Auswirkungen. Dieser Einfluss ist natürlich keinesfalls von der Hand zu weisen, sei er doch durch laut klirrendes Geschirr, knatternde Kameras oder knallende Türen entstanden. Die Sensibilität einiger Reiter scheint jedoch mit dem Alter bzw. mit der unbedingten Motivation zu siegen zu wachsen. So ist es in der Dressur gerade in der Reithalle gängig Gespräche im Flüsterton durchzuführen. Bewegungen werden von den meisten während der Prüfung förmlich vermieden und eine Reduzierung jeglicher Geräusche mit dem Klingeln der Richterglocke beinahe antrainiert.
Ist es aber wirklich immer der Sportpartner Pferd, der sich von genau diesen Eindrücken ablenken lässt oder nicht doch der Reiter? Die wahrscheinlichste „Schuldverteilung“ scheint in der Mitte zu liegen. Gerade am letzten Wochenende machte ich die Erfahrung, dass ich mit meiner Kamera vor einem Dressurpferd stehen kann, welches das Klicken meiner Kamera ohne hektische Fluchtbewegungen in den Rückraum tolerierte. Ein interessierter Blick und eine Art Neugier paarten sich hier mit Respekt und etwas Unsicherheit über das ungewohnte Geräusch. Es sollte jedoch betont werden, dass meine Kamera in diesem Moment keine Salven von Auslösungen abgegeben hat, sondern mit „lediglich“ 6 Bildern pro Sekunde rhythmisch klickte. Bemerkenswert war auch die Ruhe der Reiterin in genau diesem Moment, welche sich offensichtlich auf das Pferd auswirkte. Vielleicht liegt auch genau hier die Kontaktstelle, welche eine „Übersensibilität“ im Viereck hervor ruft? Ein angespannter und konzentrierter Reiter, ein konzentriertes Pferd und ein äußerer, nicht erwarteter Einfluss, scheinen damit eine unschöne Paarung zu sein.

Impressionen - Hallenlandesmeisterschaften Dressur 2014 - Sachsen-Anhalt in Prussendorf
Entspannter Reiter – entspanntes Pferd

Vielleicht sehen genau deshalb diverse erfahrene Reitsportler die Situation nicht so dramatisch wie ihre jungen Mitstreiter. Die „Alten“ zehren von ihrem Erfahrungsschatz, wissen, bestimmte Situationen besser einzuschätzen, und können adäquater darauf eingehen. Bestimmte Abläufe seien dabei auch viel routinierter, wohingegen jüngere Sportler mit einem zusätzlichen Einfluss schnell überfordert seien können.
Man kann es wahrscheinlich nicht verallgemeinern und jede Situation ist anders. Jedoch gehören Geräusche verschiedenster Form zum alltäglichen Leben. Man kann es bezweifeln, ob sterile bzw. lautlose Bedingungen, wie sie offensichtlich von so manchem Sportler gewünscht werden, leistungssteigernd wirken. Die Konzentration die man allerdings auf die Einflusssuche verschwendet, würde bei dem einen oder anderen allerdings an anderer Stelle gar nicht schaden.

Im Endeffekt sollte man am Rande des Viereckes mit Respekt die Leistungen der Aktiven beobachten können, ohne sich gleich jeglicher Bewegungen und Geräusche zu entledigen. „Die Menge macht das Gift.“, trifft hier den Nagel auf den Kopf und so können in Zukunft giftige Aufforderungen zur Unterlassung aus dem Viereck vermieden werden. So mancher Reiter sollte sich hingegen seiner Fähigkeit bewusst werden, mit der eigenen Gemütslage über eine weitere Reithilfe zu verfügen, welche so manche Situation entschärfen kann.

Die Landesmeisterschaften konnten im Übrigen Julia Schönherr auf Don Girovanni, Laura Elsner auf Ratatouille (Junioren) und Sina-Sophie Kubiak auf Lamborgini (Ponywertung) für sich entscheiden. Fotos gibt es wie gewohnt in der Fotodatenbank.


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